„Erziehung nach Auschwitz im Fokus“ FR vom 26.02.2019
Die Goethe-Universität will die Sorge um die Nachfolge von Benjamin Ortmeyer zerstreuen.
Die Nachfolge des 2018 in den Ruhestand getretenen Erziehungswissenschaftlers Benjamin Ortmeyer an der Frankfurter Universität wird zur Zeit intensiv diskutiert. Es soll eine ordentliche Professur ausgeschrieben werden. Dabei ist die entscheidende Frage, ob der bisherige thematische Schwerpunkt Ortmeyers, der sich vordringlich mit Pädagogik in der Zeit des Nationalsozialismus beschäftigte, erhalten bleibt. Oder ob dieses Thema in Zukunft in den Hintergrund tritt. Das befürchten jedenfalls Kriti-ker.
Bei der künftigen Professur für allgemeine Erziehungswissenschaften, die zum 1. Ap-ril 2020 besetzt werden soll, geht es jetzt um „Erziehung, Politik und Gesellschaft unter den Bedingungen gesellschaftlicher Modernisierung und sozialen Wandels“. Erst im Weiteren ist dabei auch von „veränderten Anforderungen an Erziehung nach Auschwitz bis heute“ die Rede. Außerdem soll es um den Wandel der Pädagogik „unter den Bedingungen von Migration und Globalisierung“ gehen.
Die Dekanin des Fachbereichs, Isabell Diehm, versucht im Gespräch mit der FR die Befürchtungen zu zerstreuen. „Die Erziehung nach Auschwitz wird an erster Stelle dieser Professur stehen“, sagt sie.
Tatsächlich werde das Thema mit einer ordentlichen und hoch dotierten W3-Professur erstmals institutionell am Fachbereich verankert. Das entspreche den Er-fordernissen der Gegenwart, also der Auseinandersetzung mit dem Rechtspopulismus 26. Februar 2019
und dem neuen Antisemitismus. Ortmeyer hatte lediglich eine außerplanmäßige Pro-fessur inne.
Diehm kündigt an, dass die Inhaberin oder der Inhaber der Professur eng mit dem Fritz-Bauer-Institut zusammenarbeiten werde, das die Geschichte und Wirkung des Holocaust erforscht. Der Fachbereich Erziehungswissenschaften sei beim Thema Na-tionalsozialismus hoch engagiert, versichert Diehm. Allerdings gehe es bei der neuen Professur auch um die Frage, wie die Migrationsgesellschaft von heute die Anforde-rungen an die Erziehungswissenschaften verändere.
Ortmeyer, der am 1. April 2018 seinen Ruhestand angetreten hatte, setzte früher ex-plizit einen Schwerpunkt auf die „Erziehung nach Auschwitz“. Der heute 66-jährige leitete von 2012 bis 2018 auch gemeinsam mit Micha Brumlik die Forschungsstelle NS-Pädagogik am Fachbereich Erziehungswissenschaften.
Ortmeyer war mit einer Untersuchung über die Verstrickung des Pädagogen Peter Petersen in die nationalsozialistische Ideologie bundesweit bekanntgeworden. Da-nach wurden einige Schulen und Straßen, die nach Petersen benannt worden waren, umgetauft.